Samstag, 28. Juni 2008

Die Qual der Wahl

Was soll ich blos anziehen? Daß er sich diese Frage scheinbar nicht stellen muß, darum beneide ich den Bundesjogi. Aber daß man da mal nicht zu leicht schlußfolgert. Jeden Tag ein Polyester-Funktionsshirt in rot, weiß oder schwarz, mal mit, mal ohne Polokragen, mal kurz- und mal langärmlich und zum Auftritt am Spielfeldrand immer weißes Hemd. DAS weiße Hemd, das mehr hoffent- als vermutlich nach den Spielen in die Tonne wandert. Soviel Eigen- und Fremdschweiß wie das verbreitet. Trotz endlos scheinender Kombinationsmöglichkeiten im Anziehbereich, ist es ja doch irgendwie klar: Sonntag zieht er wieder ein weißes Hemd an. Mir ist derweil überhaupt nicht mehr klar, was ich tippen soll. Gegen Deutschland zu tippen verbietet sich. Das macht man nicht, es könnte gar Unglück bringen. Doch jetzt ist die Wahl groß. Schaffen sie das vor dem Elfmeterschießen? Dafür spricht ja, daß nicht schon wieder ein großes Finale im Elfmeterschießen entschieden werden sollte. Also maximal 4 Tore für den Sieger. Bedenkt man, daß die Abwehr immer gewackelt hat, die Anzahl der Gegentore 0,2,0,2,2 lautet, und daß, wenn gewonnen wurde, das mit einer Ausnahme (Polen) mit einem Tor Unterschied geschah, dann ist doch eigentlich alles klar: Deutschland gewinnt 3:2.
Ob ich diesen Tipp tatsächlich abgebe, verrate ich noch nicht. Da ich in einem Tippspiel führe und in einem anderen weit vorne liege, schleicht sich so langsam die Angst vor dem falschen Tipp ein. Ich kann die Jungs echt verstehen, wenn sie mit schweren Beinen auf dem Platz stehen und die Hosen voll haben. Gut, dass ich wenigstens weiß, was ich am Sonntag anziehe.

Freitag, 27. Juni 2008

Bulgarien

Letzten Mittag stand 'Bulgurpilaw' auf der Speisekarte meines Lieblings-Essplatzes für Mittagspausen,
der Alten Metzgerei in Düsseldorf Flingern. Obwohl schwer auszusprechen und nicht ganz sicher, was es sein könnte, entschied ich mich mutig für das fremdländische Gericht. Da fast jedes Gericht eine Delikatesse ist, konnte ja kaum was schief gehen. Der erste Löffel schmeckte bereits himmlich und nicht nur am Himmel ging die Sonne auf. Geht doch nichts über ein köstliches Mittagessen in angenehmer bürofernen Wohlfühlatmosphäre. Geniessenderweise belauschte ich meine Tischnachbarin, geschätzte 70, im Gespräch mit einem hellblau behemdeten, dünnhaarigen Herren.
Frau: "Was ist das, wenn ich fragen darf?"
Mann: "Bulgur."
Frau: "Kenn ich nicht, ist was neues, ne?"
Mann: "Nö, eher alt. So ne Art Reis. Schmeckt gut. Isst man, glaub ich, viel in Russland."
Frau: "Ich dachte jetzt Bulgarien"
Mann: "Bulgarien?"
Frau: "Ja, wegen dem Namen."
Mann: "Es heisst aber doch Bulgur."(betont das 'U')
Frau: "Kommt draufan, wie man das ausspricht."
Mann: "???"
Frau: "Na, guten Apetit dann."
Mann: "Danke."

Freitag, 20. Juni 2008

Wie bei Ribery

Gestern morgen stand ich vor dem Badezimmerspiegel und sah diesen Bluttropfen auf meiner Nasenspitze zu immer größerem Durchmesser anwachsen. Irgendwas hat da wohl mein zartes Epithel verletzt, ich kann mir nicht erklären was, aber es hatte sichtbaren Schaden angerichtet.
Abwischen, warten, beobachten, schon wieder. Immer wieder aufs neue brach sich ein neuer Blutstropfen seine Bahn an das Licht der Welt und wurde schnell groß und fett.
Da dachte ich mir: "vereisen". Kälte hilft im Notfall immer. Und früher, als es noch Sprühpflaster gab, kam oben drauf noch das "verkleben". Bekannt für mein spontanes 'um-die-Ecke-denken', griff ich aus Mangel an Sprühpflaster zur Haarsprayflasche und drückte aus nächster Nähe ab.
Ich kann nur sagen: Haarspray wirkt irgendwie anders als Sprühpflaster.
Es blutete munter weiter, meine Nase war stundenlang betäubt, mein Gesicht total verklebt und mein Hirn hatte kapiert, warum sich Heidis Topmodels kein Sprühpflaster in die Haare sprühen und so viele Fußballer Glatze haben.

Wetter-Nomenklatur

Übers Wetter wollte ich nicht mehr schreiben, ganz fest vorgenommen hatte ich mir das.Doch über die Namensgebung gewisser Jahreszeiten kann ich mir ja noch Gedanken machen.Wenns schon im Sommer nicht sommt und im Winter nicht wintert, warum sagen wir dann nichtgleich "warme grüne Regenzeit" und "kalte graue Regenzeit"?

Fit werden

Geschätzte 8000m, gefühlte 20km Wasser verdrängt, zentnerschwere Medizinbälle balanciert,über Bänke gerobbt, an Seilen gezogen, Knie gebeugt und minutenlang geliegestützt. Die Horrorgeschichte unseres Schwimmtrainingslagers ließe sich wohl so einleiten.Und wäre da nicht der romantische Charm von Übach-Palenberg mit seiner verführerischen Shoppingmeile und der einladende Duft panierter SChitzel mit Fritten aus der Sportlerkantine der Willi-Isenberg-Sportschulegewesen, man könnte wahrlich glauben, wir hätten es genau so gewollt. Körperliche Schmerzen, seelische Pein undmörderische Qualen zur Vorbereitung auf die EuroGames in Barcelona Ende Juli.Ein bischen weh tats schon. Wir wollen ja auch schnell werden und schön schwimmen. Ohne Einsatz geht da nichts.Doch wurde auch an der Ästhetik der Eintauchphase gefeilt, neue Bademode eingeschwommen und Bauchmuskeln angespitzt.Und weil das alles Berge von Kalorien verbrennt, futterten wir uns einmal quer durch das Süß-und Salzig-Sortiment vonAldi während im Fernsehen teilweise als gutaussehend empfundene Männer mit dem Fußball spielten.Festzuhalten gilt: Die schweißabsorbierenden Funktionsunterhemdchen stören beim Trikottausch, Nahaufnahmen werdenimmer von den falschen Spielern gezeigt, Sprinttraining wird nie seinen Schrecken verlieren und Barcelona kannsich warm anziehen.

Freitag, 13. Juni 2008

EM-Gedanken

Ich will mal was zur EM sagen. Muss ich nicht, will ich jetzt aber, weil ich mich als EM-erlebender Typ darstellen möchte, um ein Bild abzugeben und zu zeigen, hey, wir Deutschen sind arg vielfältig und nicht alle Public-viewende Autoflaggen-hiesser. Ich guck nicht gerne öffentlich, weil ich immr Angst habe, was zu verpassen. Irgendein geselliger Mitmensch labert mich von der Seite zu oder Fremdbier schwappt mir entgegen. Zu Hause auf'm Sofa läßt sich bestens das Kommentatoren-Gefasel analysieren, Getränke und Toilette sind immer verfügbar und es springt einem niemand beim Jubeln auf die Füße. Trikot hab ich, wie schon erwähnt, Fahnen haben andere genug. Drei Tippgemeinschaften schmücken sich mit claribu als Mitglied, doch mein Tippehrgeiz liegt auf dem gleichen Niveau wie der Spielwitz der Griechen. Ich tipp halt brav, die spielen halt den Ball hin und her. Bisher hab ich kein Spiel verpasst, alle Ergebnisse in den Spielplan übertragen, alle Duplobildchen ins Sammelheft geklebt und insgesamt 1,5l Bier und keine Tüte Chips verköstigt. Zwei der hölländischen Tore hab ich im Wohnzimmer nachgestellt und die kleine Deutschlandfahne am Balkon artig nach dem ersten Spiel wieder weggefaltet, damit sie nicht vom Winde in des holländischen Nachbars Garten verweht werde.
Mein ganz persönliches positives Highlight waren die drei Tore vom kölsche Jung mit dem polnischen Herz (so lange er nicht für Fortuna trifft...) und mein größter Dorn im Fußballgehörgang sind die ständige Sticheleien eines Mehmet Scholl in der ARD. Mein lieber Scholli, auf'm Platz gibts für Nachtreten die rote Karte. Für Dich gibts Herrn Beckmann. Das lass ich mal durchgehen.

Montag, 9. Juni 2008

Selbstversuch "Persönlichkeitstest"


Wer folgenden Artikel von Tobias Kniebe im SZ Magazin liest, weiss am Ende aller Zeilen, was ich meine.
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/24919
.
Nur weiter so Herr Kniebe, aus Ihnen wird noch mal ein ganz großer.

Nicht wissend, in welcher Phase dieses Tests ich mich aktuell befinde, ich tippe auf 'tendenziell beginnende Endphase' oder 'endende Mittelphase', fand ich mich am Samstag morgen in einer Gruppe keuchender Domdachbesichtigender. Richtig. Zu guten Fusses windeten wir uns die steinerne Wendeltreppe hinauf unters Dach der Kathedrale. Kurzer Abriss der Baugeschichte, bischen Stillstand, Mittelalter, Krieg, Franzosen, Preussen, und ab durch die Luke nach draussen. Boah. So hoch oben überm Roncalliplatz bleibt man erst mal andächtig stehen und staunt ehrfürchtig. Rundgang auf schmalsten Stegen, immer am Abgrund entlang, den Blick möglichst nach oben oder nach vorn gerichtet denn unter jedem Tritt klafft bedrohliche Leere. Gespenstische Figuren zerbröseln scheinbar
durch bloßen Anblick und spitzzackige Applikationen lassen mich jamesbondmäßige Absturzszenarien fürchten.
Herrlich dann wieder die Aussicht auf Deutz mit dem Bahnhof, dem Rhein, den vielen Kirchen, und den imposanten Türmen am Domportal, die sich anmutig in den grauen Himmel erstrecken. Das 'Jeföhl' is wieder da und überhaupt keine Frage, dass ich noch vor Ort Mitglied des Dombauvereins werde. Ausgestattet mit einem Überweisungsträger, einem Pin, der mich als Mitglied markiert, einem Buch über die Daumbaumassnahmen in 2002 und gedopt mit viel viel kölsch Jeföhl, gehts zurück, rheinabwärts, gestärkt für die Fortsetzung des Persönlichkeitstests.


Mittwoch, 4. Juni 2008

Ein Geschenk für mich

Am Anfang der Woche bekam ich ein Geschenk. Zuvor musste ich das Haus verlassen und mit der Bahn in die Stadt fahren. Ein großes Kaufhaus mit grünem halbkreisförmigen Logo erwartete mich und Frau O, die mich Richtung Sportabteilung dirigierte. Mein Traum von einem DFB-Fußballtrikot sollte wahr werden. Ökomonisch sensibel wie ich bin, steuerte ich erst mal die Kindergrößen an, waren immerhin 20 Euro billjer als die Erwachsenen-Shirts. Und siehe da, oh Fussballwunder, oh Sommermärchenartiges Glück, Größe 176 war noch zu groß. Ich passte in 164. Wahrscheinlich hätte ich auch in einem E-Jugend Trikot ein schlankes Bein gehabt, aber ich beliess es bei der Größe für frühpubertierende dicke Jungs. Wie sonst kann man die Größentabellen der Firma aus Herzogenaurach begreifen? Mein Trikot ist rot und verdammt echt. Am Ärmel baumelt eine Bibel mit Hinweisen auf weltraumgetestete Materealien in 20 Sprachen. Die innenseitige Waschanleitung ist so dick, dass sie alleine den Schweiss aufsaugen kann, noch bevor das teflongehärtete 100%ige Polyester je die Chance dazu erhält. Zu Hause angekommen schlüpfe ich in mein neues Trikot, streiche über die drei Sterne auf meiner Brust und strahlte vor Glück.

Bürogeplapper

Die gegenwärtige Büromenschhaftigkeit zeichnet sich im Wesentlichen durch einen konspirativ verschlüsselten, hohlphrasigen Sprachgebrauch aus. Die Pilotierung eines strategischen Demands oder der Sandwichcharakter der Peripherieprozesse ist einfach nicht mehr für Menschen mit staatlichem Hochschulabschluss begreifbar. Hinzu kommen dann als Besänftigung getarntes Dauersolidarisieren in Form von "Ich bin da ganz bei Dir". Es ist auch "Kein Thema", dass wir uns unbdingt bald "meeten" müssen und dabei am besten alle gemeinsam "brainstormen". Wer verdeckt triumphieren will, bildet Sätze wie, "Richtig. Wie Du schon sagst, es regnet zu viel. Aber genau das wollen wir ja dadurch abstellen, dass wir mehr Wolken produzieren." Falls derartiger Aktionismus nicht im Sinne des sesselfurzenden Büromenschen sein sollte, empfehlen sich die beliebige Aneinanderreihung von von Feststellungen. Wer "interessant", "schön" oder "soso" benutzt, wird so schnell keine Arbeitsgruppe leiten müssen.