Freitag, 23. Oktober 2015

Und dann kam der Patch

Es gab eine Zeit, da fluppte es einfach. Ich meine das jetzt mal mit Blick auf die administrativen Dinge einer Regenbogenfamilie: Elternzeit und Elterngeld beantragen, Adoptionsverfahren einleiten und erfolgreich durchziehen, Steuerklasse wechseln, Geburtsurkunde umschreiben lassen, Kitaplatz, Kindergeld, trallala. 
Vielleicht gehörten wir auch einfach zu den absolut glücklichen Regenbogeneltern, aber ich muß rückblickend schon sagen, dass alles völlig reibungslos verlief und sich manchmal sogar peinlich berührte Jugendamtsmitarbeiterinnen, Notare, Standesbeamten und Co für die Umständlichkeit dieses Staates entschuldigten. Öffnung der Ehe - ja, wäre schon toll, aber es ging ja auch so.

Dachte ich bis vor einer Woche.

Und dann kam der Anruf von der Personalabteilung.

Das Finanzamt hätte da einen Patch eingespielt. Dabei sei wohl irgendwas schief gelaufen und das Finanzamt könne keine Daten mehr an die Arbeitgeber übermitteln. Das führe dann dazu, dass mein Account gesperrt sei, und das wiederum führe dazu, dass ich mal so eben - schwuppdiwupp - mit Steuerklasse 6 geführt werde. 
Ach so!
Das ließe sich aber ganz schnell beheben, indem ich beim Finanzamt eine aktuelle ELSTAM- Bescheinigung anfordere, diese dann an den Arbeitgeber schicke, und der dann alles wieder grade zieht. Dafür hatte ich genau 4 Tage Zeit. Bingo.
Ich rief also ruckizucki beim Finanzamt an und sprach mit meinem Sachbearbeiter Herrn S., der, wie er mir erklärte, für "Leute wie Sie" zuständig sei. Ah, ja. Der Homo-Beauftragte also, dachte ich.
Er erklärte mir dann total freundlich und ausführlich, dass er die ELSTAM-Bescheinigung schon vor Wochen verschickt habe. Stimmt. Hatte er. Aber ich hatte dieses Schreiben zu den Akten geheftet, nichts ahnend, was das sollte. War ja alles korrekt, was da stand. Ausser dem Kinderfreibetrag - aber dazu komme ich später. 
Ein Begleitschreiben wäre schon nett gewesen, in dem man mal kurz erklärt, warum man diese Bescheinigung erhält. Nämlich, weil die Finanzämter in NRW einen Patch eingespielt haben, um die eingetragenen Lebenspartnerschaften steuerklassentechnisch wie Ehepaare zu behandeln - was ja total lobenswert ist - was aber  - weniger lobenswert - leider schief gegangen ist.
Nachdem Herr S. mir dann die Bedeutung dieses Schreibens erklärt hatte, atmete ich erst mal tief durch und dachte "Einscannen, an die Personal-Abteilung schicken, krieg ich in 4 Tagen hin". Puh.

Dann nutzte ich noch die Gelegenheit und fragte Herrn S., warum denn auf meiner ELSTAM-Bescheinigung kein Kinderfreibetrag stehe, bei meiner Frau aber 0,5. Wo sind denn bitteschön die restlichen 50%?
Dafür gebe es ein Formular. Bitte ausfüllen, Kopie der Geburtsurkunde beilegen und zum Finanzamt schicken.
Auch das tat ich, wie geheißen.
Ein paar Tage später - das ELSTAM-Thema mit der Personalabteilung war mittlerweile geklärt - kam ein Anruf vom Finanzamt.
Ich hätte das falsche Formular zugeschickt. Ich solle erst mal bei der Meldebehörde die Verknüpfung der ID von Herrn O. mit meiner ID erwirken. Dann erst könne man mir den Kinderfreibetrag zuschreiben.

Also noch mal eben beim Einwohnermeldeamt anrufen, mindestens 3 Mitarbeiter_Innen erklärt, was ich will, dann mit einer kompetenten Fachkraft des Amtes verbunden worden. Herrlich! 
"Wer schickt sie? Das Finanzamt? Ja, die geben immer uns die Schuld. Immer das gleiche. Warten se, isch guck mal. Sehen se (ich bin am Telefon), sie sind schon verknüpft. Der <Name von Herrn O.> ist doch ihr Sohn. Also die vom Finanzamt, tststs...Ich kümmer mich da mal drum."
Ich atme tief durch und freue mich über so viel Menschlichkeit.
"Sie müssen aber dran denken, wenn dä Jung 18 wird, dann fallen se wieder raus. Da müssen se sich noch ma melden, ne?"
Ich nehme den Hinweis dankend an. Dann schwadronieren wir noch ein bisschen darüber, wie schnell die Kinder groß werden, und ich danke ihr tausendfach für ihre tolle Hilfe. Leider habe ich mir nicht ihren Namen gemerkt, aber Menschen ihrer Spezies machen unser Leben doch lebenswert. Ein bisschen Humor, kümmern, Menschen ernst nehmen. Das brauchen wir. 
Und: Die Öffnung der Ehe.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

A walk in the park