Freitag, 25. Mai 2012

Wenn die Musi spielt

Was dem deutschen Homosexuellen zur Stunde der Roman Lob, sprich das ganze Bohei um Baku und den ESC, ist dem Meraner Durchschnittstouristen der Franz von der Blasmusikkapelle. Er trat gestern gleich in mehreren Rollen in der klingenden Holzmuschel auf dem Zentralplatz auf - als Moderator des Konzerts und als Musiker an der Tuba.
Im Stile eines ganz Großen bedankte sich der Franz erst mal artig beim Tourismusverband für die freundliche Einladung.
Dann legten er und die Seinen mit Pauken und Trompeten so richtig los, dass es auch der letzte Opi bei ausgeschaltetem Hörgerät spüren konnte. Fantasievolle Outfits und lustige Kopfbedeckungen gabs ganz ESC-like zu bestaunen und das Publikum spendete ekstatisch eiswaffelschwingend Applaus. Kein Wunder, denn am vorangegangenen Abend hatte schon das Cindy und Bert
Double an der Stromguitarre den Auftakt zu einem klangvollen Musikevent gegeben. Mit Nebelmaschine und Trachtentanzgruppe hatten sie alle Register des modernen Entertainments gezogen, so dass Franz schon ordentlich was bieten musste.
Das tat er dann auch mit einem Potpouri aus Marschmusik, Filmmelodien und irgendwas opernmäßigem. Wenn man selber keine Ahnung hat, soll man ja bekanntlich die Klappe halten. Aber in einem Punkt möchte ich Peter Urban (siehe baju.tv) doch gerne widersprechen:
Qualitativ ist 2012 ein guter Jahrgang - bei der Blasmusik auf jeden Fall!

Donnerstag, 24. Mai 2012

Sundance oder die Materialschlacht am Berg

Dass Mountainbiken nicht all zu viel mit Rennradfahren gemeinsam hat, läßt sich erahnen, wenn man die beiden Fahrradtypen nebeneinander betrachtet.
Es braucht wohl kein geschultes Auge, und selbst der Laie erkennt, dass es hier um zwei verschiedene Welten des Radfahrens geht. In Ansätzen war mir dies vor zwei Jahren bewusst geworden, als ich mit einem meiner Schwäger am Gardasee das Gebiet am Monte Baldo befuhr.
Unwegsame Schotterpisten, viel zu steile Rampen und Unmengen von Steinen, die sich da vor uns auftürmten. Ein ausgetrocknetes Gebirgsbachbett gab mir damals den Rest. Ich schob das gute Rad den Hang hinab und schwor mir, so schnell kein Mountainbike mehr zu besteigen.

Gestern morgen lockte die Sonne schon früh um sieben die Urlauber mit seniler Bettschwäche - und mich - an den Berg.
Christoph's BikeAcademy (http://www.bikeacademy-meranerland.com) plante eine geführte Mountainbike-Tour ins Hinterland von Schenna.
Ausgerüstet mit einem Fully-XY-Gedöns mit Shimano Schnick-Schnack, 2 Powergels in den Trikottaschen und einer gut mit Bergwasser gefüllten Trinkflasche ging es um 9:30 Uhr vom asphaltierten Hof der Academy ins Gelände. In meiner Gruppe mühten sich neben mir noch ein starker Förster aus dem Schwarzwald, der Hausmeister des Hotels und eine zugreiste Münchnerin. Der Schwarzwälder floh vor seiner Familie, die Münchnerin vor ihren Eltern und der Hausmeister vor der Arbeit. Das erfuhr ich alles häppchenweise während der sechsstündigen Ausfahrt - mehr- oder weniger freiwillig. Nach ein paar Kilometern durch die Apfelplantagen gelangten wir zur Talstation von Meran2000, von wo aus uns die Seilbahn auf 2000m Höhe brachte.
Ich glaube nicht, dass alle Lokalitäten, die ein "2000" im Namen tragen, 2000m hoch gelegen sind, aber hier trifft es ausnahmsweise mal zu. Oben angekommen erwartete uns auch gleich die erste Rampe. Rampe heisst bei Mountainbikern soviel wie: fahr die Wand hoch!
Wegen mangelnder Fahrtechnik hob mein Vorderrad permanent vom Boden ab oder aber fuhr einfach nicht geradeaus. Am steilsten Stück, mitten auf der Eisplatte stieg ich dann zum ersten mal frustriert vom Rad. Hätte ich da schon gewußt, dass mir das an diesem Tag noch minestens 20 mal passieren würde, ich wäre sicherlich viel cooler geblieben und hätte die fiese Kurve locker gemeistert.
Nun denn - so galt es geduldig zu bleiben, die Kräfte zu dosieren und immer schön zu Kurbeln.
Zur Belohnung rollten wir auch gleich zwei Kehren weiter auf die Sonnenterasse der Meraner Hütte und gönnten uns italienische Heissgetränke oder selbstgemachte Buttermilch aus Eimern. Christoph, unser Tourguide, erklärte uns in feinstem Hoch-Südtirolerisch das zu bestaunende
Bergpanorama. Er beantwortete auch tapfer all jene bestimmt schon tausend Mal gestellten Touristenfragen, wie zum Beispiel, ob denn auf den Gipfeln dahinten immer Schnee liege. Ist natürlich nicht so - alles nur weiß angestrichen. Also ich finde, die Witze der Mountainbike-Guides, Skilehrer, Surflehrer, etc. waren auch schon einmal besser.
Zwischen dieser und der nächsten Pause kam ein Teil, den ich lieber aus meinem Gedächtnis streichen möchte. Steine in allen Formen und Größen, Sand und Matsch, ein Weg, der maximal 50cm breit war und natürlich bergauf ging. Schlimmer wurde es allerdings, als der Weg wieder bergab ging, denn da geriet ich endgültig an meine fahrerischen Grenzen. Po nach hinten, Pedale parallel, Gewicht auf die Beine und vorausschauend fahren. Ojeh!
Wenn man sich die Pedale oft genug gegen die Wade rammt, sieht das am nächsten Tag (also heute!!!) nicht schön aus. Aber um Schönheit ging es hier schon lange nicht mehr. Hausgemachter Apfelstrudel mit Sahne auf der sonnenverwöhnten Alm entschädigte immerhin ganz gut. Dazu ein Sportwasser und der ab heute obligatorische 'Macchiato' - die In-Getränke der Süd-Tiroler. Obs das Sportwasser auf die Kö schafft möchte ich bezweifeln, aber Zeit, die Dauerbrenner Apfelschorle und Rhabarberschorle abzulösen wäre es.
Wir pausierten laaaange. Brauchten wir aber auch, da die Südtiroler Guides (es gab noch einen zweiten, der mit einer schnelleren Gruppe fuhr) noch langsamer reden als der gewöhnliche Rheinländer. Und Schwaben hatten wir ja auch noch. Nachdem jeder von den sportlichen Höchstleistungen seines bisherigen Lebens berichtet hatte, gings zurück uns Tal. Diesmal über gut ausgebaute Waldwege und zum Schluss sogar über asphaltierte Strassen. Ich war heilfroh, am Ende der Route doch noch ein wenig "richtig" Radfahren zu können und belohnte mich standesgemäß mit einem großen Radler.
Die große Liebe habe ich mit dem Mountainbiken wohl nicht entdeckt, aber einen Tag voller Sonne, atemberaubender Bergwelt und halsbrecherischen Kurbelmanövern kann mir keiner mehr nehmen.

Montag, 21. Mai 2012

Regen in Schenna

Es regnet Bindfäden im Rentnerparadies Schenna. Im sonnenverwöhnten Südtirol, wo ein Blühhöhepunkt den anderen jagt, regiert heute graue Regenwolken Tristesse. Wenn nicht heute, wann dann soll der Tag kommen, an dem ich das Bloggen nach langer Pause wieder beginne. Der Montanara-Chor hat sein Ständchen gebracht, Annemie hat ihrem Wilhelm die Benutzung des
Frühstücksbuffetts beigebracht, die Jack-Wolfskin Kollektion der letzten 3 Jahre ist kollektiv um den Schennaer Dorfplatz gewandert.
Alles Wichtige ist nun abgehakt. Scheinbar. Kreisten da nicht ständig diese Fragezeichen der Hotel-Mitgäste durch den Speisesaal:
Was sind das für zwei merkwürdige Frauen aus Deutschland? Sind sie ein Paar? Die eine ist doch schwanger, oder nicht? Warum essen sie eigentlich nie das 5-Gänge Menü auf? Sie sind aber doch noch ein bisschen jung für so einen Ort, oder?
Ich würde so gerne in ihre Köpfe schauen und ihre Gedanken lesen, aber vielleicht ist es auch besser, dass ich diese Fähigkeit nicht besitze.
Es könnte allerdings auch sein, dass sie uns überhaupt nicht bemerkt haben. Völlig besessen davon, den nächsten Hügel zu erklimmen, endkonzentriert in der korrekten Handhabung der Gehstöcke und vertieft darin sich die Menüreihenfolge zu merken. Ich gebe zu,
auch ich hatte gestern Abend irgendwann vergessen, ob wir jetzt beim 3. oder 4. Gang waren. Mein Magen signalisierte mir "Aufhören! Es reicht!",
aber es folgten noch 2 Gänge. Das Rentnervolk um uns herum nahm es wesentlich gelassener - spülte aber auch mit deutlich mehr Wein nach.
Jedem seine sportliche Höchstleistung. In Anbetracht der fortgeschrittenen Umstände von Frau O. gehören wir ja doch viel mehr in die Liga der Gehschwachen als unser jugendliches Alter dies erahnen läst. Ein stetig wachsender Mitbewohner im Bauch stellt ganz andere Ansprüche an die Urlaubsgestaltung in den Bergen. Da können die Waden noch so stramm und der Cholesterinwert noch so niedrig sein.
Könnte man fast ahnen, wenn man mal im Outdoorshop nach Umstandsmode sucht, aber wer macht das schon? An unserem wanderfreien, da vollkommen verregneten heutigen Tag stellten wir dann in aller Deutlichkeit fest, dass selbst fünfstöckige Outdoor-Spezialgeschäfte im mondänen Bozen keine Regenjacken für Schwangere führen. Wir entschieden uns dann für einen Video-Nachmittag mit Miss Marple auf dem iPad bei Kuchen und stillem Wasser aus der Sigg-Flasche.