Bat Detektor
Für die Klasse 3b meines Sohnes stand am Montag Abend eine Fledermaus-Exkursion auf dem Programm, was in diesen an außergewöhnlichen Erlebnissen armen Zeiten ein echtes Highlight war. Ich hatte das Vergnügen, gemeinsam mit einem weiteren Elternteil, der Lehrerin und dem Erzieher der Klasse die 28 Kinder auf der Exkursion zu begleiten. Als studierte Biologin lief mir vor lauter Vorfreude beinahe das Wasser des Wissensdursts im Munde zusammen. Warum „beinahe“? Nun, ich hatte schon früh das Gefühl, dass dieser Trip mir eher bestätigen würde, warum ich den Beruf der Biologin nicht ergriffen habe und mich nicht darüber nachdenklich stimmen würde, wie schade es doch sei, dass ich mein Geld nicht damit verdiene in Fledermauskot nach Resten ihres Speiseplans zu suchen.
Auf der anderen Seite hüpften und quäkten 28 GrundschülerInnen aufgeregt am
Treffpunkt umher und ließen sich nur mit Mühe von ihren erwachsenen Begleitpersonen
in Schach halten.
Mit ihrem wilden Rumgehampel spiegelten sie die hektischen Flugmanöver der
Fledermäuse perfekt wider. Während wir vier erwachsenen Begleitpersonen mit
Schrecken der Herausforderung entgegensahen, die wilde Meute im finsteren Park
vollständig beisammen zu halten, zauberte der Fledermausmann seine Wunderwaffen
aus der Tasche: Autorität und einen Bat-Detektor.
Mit krachenden Apellen brachte er die Kinder dazu, sich ruhig hinzusetzen und
zu schweigen. Ja, tatsächlich, sie sagten für eine gute Viertelstunde fast
nichts.
Bevor es endgültig mit der Fledermaus-Suche losging, wurde uns der Bat-Detektor
präsentiert. Ein Gerät, mit dem man Ultraschall für Menschen hörbar machen kann.
Jede Fledermausart hat ihre eigene, typische Stimme, die man wie Vogelstimmen
lernen und zuordnen kann. Bei Fledermäusen sind die Geräusche eher klopfender
Natur. Dabei unterscheidet man zwischen trockenen Tönen und feuchten Tönen. Um es
für die Kinder verständlich zu machen sprachen wir ab sofort über trockene und
feuchte Furze. Hier kann man sich das mal anhören, https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/wissen/11385.html.
Sobald das Gerät
eingeschaltet war, entdeckten wir auch schon die ersten Fledermäuse am
nachtgrauen Himmel. Gelegentlich sahen und hörten wir auch Singvögel, Enten und
Gänse, die gleichberechtigt mit „Ahh“ und „Ohh“ begrüßt wurden. Für die Kids
war alles sehr aufregend: Die Dunkelheit, die vielen fremden Geräusche,
undefinierbare Schatten, plötzlicher Hunger, Spukgeschichten über X-Men und
Mutantenhalbwissen, verlorene Dinge, schmutzige Schuhe und die ständige
Konfrontation mit dem Verbot die Taschenlampe zu benutzen.
Mittendrin ein
seelenruhiger Fledermausmann, der gebannt auf die Seeoberfläche starrte und auf
das Erscheinen der Wasserfledermaus wartete. Er hatte viel Zeit und Geduld und
ließ sich auch nicht von immer unruhiger und lauter werdenden Drittklässlern von
seinem Vorhaben abbringen, das Tier zu entdecken. Er wollte diesen Haken unbedingt
machen: „Wasserfledermaus gesehen“, „check“. Ob die Kids zu diesem Zeitpunkt
noch wussten, weshalb sie auf dem Steg standen?
Wahrscheinlich überlagerten sich die Themen, mit denen sich die Kids grade
beschäftigten, mit dem Thema „Wo ist denn nun die Wasserfledermaus?“ nur noch
ganz minimal. Was die Lehrerin, den Erzieher und den exkursionsbegleitenden
Vater anbetraf, konnte ich nur spekulieren, wäre aber wahrscheinlich auch hier
zu keiner großen Themenüberlappung gekommen.
Und bei mir? Ich war ganz nah dran an der Wasserfledermaus und fühlte mich seit
langem mal wieder so richtig bestätigt darin, den Beruf der Biologin nicht
ergriffen zu haben. Ich freute mich auf ein warmes Zuhause, ein leckeres
Abendbrot und ein Bier.
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