Samstag, 20. Mai 2023

Durch die Augen von Kurt

Seit der ersten Staffel bin ich bekennender Fan von LOL (Last one Laughing). Durch dieses Format wurde ich zum ersten Mal auf Kurt Krömer aufmerksam. Irgendwas an dem Typen faszinierte mich. Viele Menschen wurden wahrscheinlich auf ihn aufmerksam, als er sich zu seiner Depression bekannte. Doch das war gar nicht der eye-opener, der mir in die selben sprang. Es war wohl eher die Tatsache, dass er alleinerziehender Vater von vier Kindern ist und herrlich balinert. Dat is mer sympatisch.

Als absoluter Podcastjunkie entdeckte ich so natürlich auch als sicherlich weltweit erster Mensch Kurt Krömers neuen Podcast "Feelings" auf Amazon Music. Die Podcastwelt bringt ja täglich millionenfach neue Werke hervor. Alle machen ja jetzt Podcast - außer mir - aber das muss ja nicht ewig so bleiben. In diesem Dschungel die neuste Folge von "Feelings" zu entdecken ist schon ein Glücksfall. Absolut empfehlenswert.

Ich höre Kurts Stimme beim Einschlafen, Wäsche aufhängen, Kochen, Spazieren, Joggen, etc., was bei mir den Effekt hat, dass ich manchmal anfange so zu denken, wie er. Die Verknüpfung von Gedanken in meinem Hirn nimmt merkwürdige Züge an, windet sich, verfährt sich, nimmt falsche Abzweigungen und trifft dann erstaunlicherweise am falschen Ende doch wieder glücklich zusammen.

Was das im Einzelnen bedeutet? 

Es begab sich an einem wunderschön sonnigen Tag in Köln, als ich ganz allein verreist in der Domstadt morgens in meinem Hotelzimmer aufwachte. Ich suchte - da komplett ohne menschliche Begleitung - nach dem Wachgeküßtwerden erst mal nach der Fernbedienung und schaltete das Morgenmagazin von ARD und ZDF ein. Endlich mal tun und lassen können, was ich wollte. Frau O. hatte ich zwar nicht vergessen, sie lag krank zu Hause im Bett, aber meinen neuen Begleiter Anti Frizz, den ultimativen Haarbändiger, schon. Seit ich wieder längere Haar habe, also so lang, dass ich sie ohne Skrupel "lang" nennen kann, also lang genug für einen formstabilen Zopf, plagen mich einzelne, feine, sich verselbstständigende Haare, die mich im Gesicht kitzeln. Dagegen hilft "Anti Frizz", ein Spray aus einer lila Flasche von DM. Doch Frizz war nicht mit nach Köln gekommen und meine Haare, also die paar, die gerne aus der Reihe tanzten, freuten sich schon darauf, mir nach der Wäsche und dem Trocknen so richtig auf den Geist zu gehen. Das konnten sie noch besser, da das Hotelschampoo ihnen noch bessere Startbedingungen gab als das hochpreisige Spezialprodukt von Garnier, dessen letzten Klecks ich aus der Reisekosmetik herausquetschte.

Ich hatte die Wahl: Entweder meinen Plan, nach dem Frühstück noch ein bisschen in Köln zu shoppen, aufgeben, oder den aufständischen Haaren den Kampf ansagen.

Ich entschied mich für den Kampf. Auf beiden Seiten wurde schweres Geschütz aufgefahren. Ich bändigte mit Wasser und nutzte so oft es ging den Gegenwind, um nicht vor den Störenfrieden einzuknicken. Diese wiederum schickten immer wieder neue Kandidaten ins Rennen und wechselten sich durch geschickte Positionswechsel ab.

Die kölsche Sonne schien herrlich warm auf mich herab, als ich die Ehrenstrasse entlangflanierte. Als ans Frühaufstehen gewöhnte Mutti war ich schon um 10 Uhr unterwegs, um festzustellen, dass die hippen Läden in diesem Teil der Stadt auch hippe Öffnungszeiten haben. Sprich, noch zu waren und all überall die Kehrmaschinen und Fensterputzer am Werk waren. Ich ließ mir meine gute Laune aber nicht verderben und shoppte halt da, wo es möglich war: Socken, Bücher, Kirmskrams und nutzlosen Schnickschnack.

Mittags kam der Hunger, den ich bei Bento Box zu stillen gedachte. Die Einkehr in diesem Restaurant war seit Jahren fester Bestandteil eines Köln-Shopping-Trips. Alleine hin oder her, ich hatte ja schließlich Hunger und keine Lust auf Experimente.

Als ich im Restaurant die Toilette aufsuchte, erinnerte ich mich daran, dass dies die Toilette war, auf der man gratis Haarspray vorfand. Was für ein Glück! Ich wähnte mich kurz vor dem Ziel, den Kampf gegen diese ewig vor meinen Augen herumfliegenden Haare zu gewinnen und flog stufenüberspringend die Treppen ins Basement hinunter. In Gedanken schon den Pokal - äh das Haarspray in den Händen haltend - öffnete ich überstürzt die Tür zur Besenkammer. Zum Glück standen dort nicht Boris Becker plus eins. 

Die nächste Türe war dann die richtige und als ich den wie in jedem guten asiatischen Restaurant lifestylisch mit Bambusröhrchen und Budddhafigur dekorierten Toilettenvorraum betrat, stand sie da: eine Flasche mit Pumpzerstäuber. 

Völlig entfesselt stürzte ich mich auf die Flasche und drückte das geriffelte Plastikköpfchen nach unten. Einmal, zweimal, dreimal stieß die winzige Düse einen feinen Flüssigkeitsnebel hervor, der mein Haar benetzte und baldige Besserung gelobte. 

Doch warum roch es so komisch? Als sich der Nebel gesetzt und die Luft wieder klar genug war, dass sie den Blick auf das Etikett freigab, sah ich es: "Denk mit - Desinfektions-Spray." What the ...?

Das war mein Kurt Krömer - Moment. 

In Wahrheit war es etwas anders. Ich kann nur soviel sagen, dass ich in dem Moment, als ich die Flasche mit dem Desinfektionsmittel auf der Anrichte über dem Waschbecken sah, sofort an Kurt denken mußte. 

Dienstag, 16. Mai 2023

A great source of energy and empowerment - Rainbow Family Conference 2023 in Mannheim

Am ersten Mai-Wochenende fuhren wir vier zur Regenbogenfamilien-Konferenz nach Mannheim. Die Konferenz fand in der Internationalen Jugenherberge Mannheim statt, die exclusiv für uns Regenbogenfamilien reserviert war. Dies war vor allem für die Kids fantastisch, da sie so völlig frei und ungezwungen in der Herberge und auf dem weitläufigen Gelände drumherum toben, rennen und Krach machen konnten.

Die Konferenz wurde vom LSVD Baden-Württemberg, dem LSVD Hessen und zahlreichen ILSE-Gruppen organisiert. Ganz viele Helfer:innen hatten für dieses Event z.T. über ein Jahr lang ehrenamtlich geackert und ganz viel Liebe hineingesteckt. Dies konnte man vor allem an dem freundlichen Umgangston und der entspannten Atmosphäre spüren. Viele Helfer:innen waren Regenbogen-Elternteile mit Teenager- Kindern oder noch älteren Sprösslingen, die mit ganz viel Herzblut und Erfahrung die Teilnehmer:innen empfingen, betreuten und informierten.

Wir reisten am Freitag Abend mit dem ICE aus Düsseldorf an und kamen trotz leichter Verspätung rechtzeitig zum Abendessen in der Jugendherberge an. Registrieren, Zimmer finden, Betten beziehen, Taschen auspacken, Speisesaal aufsuchen. 

Zur Konferenz waren über 250 Personen angereist (133 Erwachsene und 120 Kinder), die hungrig von der Anreise und neugierig auf die anderen Familien das Buffet stürmten.



Einige Familien kannten sich und es gab große "Hallos". Einige waren noch ein bisschen zurückhaltend und schauten sich erst mal vorsichtig um. Wir gehörten zur zweiten Gruppe. Fast schon ein bisschen enttäuscht, nicht ein einziges bekanntes Gesicht zu entdecken, sah ich dann beim Tablettwegbringen doch noch ein Paar aus Köln, das ich von einem ählichen Treffen aus Corona-Zeiten wiedererkannte. Damals hat unser Junior mit deren Sohn ganz gut gespielt. Mal sehen, ob die beiden sich wiedererkennen würden.

Nach dem Essen erkundeten die Kids erst mal das neue Terrain und beschnupperten sich gegenseitig. Die Gruppe der 6-12 jährigen war ziemlich groß, so dass unsere Jungs schnell Anschluss fanden.
Während die Jungs beschäftigt waren, mischten Frau O. und ich uns ein bisschen unter die Regenbogeneltern, die alle zum Sektempfang gekommen waren. Mit ein bisschen Prickeln im Bauch, ging es auch gleich viel leichter mit der Bekanntmachung. Im Getümmel traf ich eine Bekannte aus der Regenbogen-Familien-Kur wieder. Zwei Jahre waren seitdem vergangen und es ist beileibe nicht nur eine Floskel, wenn man anhand der Kinder feststellt, wie schnell die Zeit vergeht. Wir unterhielten uns über die "alten" Zeiten in der Kur und ihre Freundinnen, die wie sie, Kinder 10+ hat, berichteten von den ersten Berührungspunkten mit Pubertieren.

Um 22:30 Uhr waren sowohl wir Eltern als auch unsere Jungs reif fürs Bett. Da es im Zimmer ziemlich stickig war, wir aber aufgrund der Nähe zum Rhein, vieler Wiesen und zu erwartendem Getier das Fenster nicht öffnen wollten, schliefen wir nur mittelmäßig. 
Ab 7:30 Uhr gabs dann auch schon wieder Frühstück. Um 9:00 Uhr begannen die Workshops für die Kids und ab 9:30 Uhr die für die Erwachsenen.
Für Kinder gab es ein tolles Angebot für alle Altersklassen:

  • Podcast
  • Zirkusworkshop
  • Musik und Rhythmus (Trommeln)
  • Basteln und Spielen
Hier das Programm für die Erwachsenen.

Ich nahm vormittags am Workshop "Eltern werden - Paar bleiben" teil. Frau O. genoß lieber das schöne sonnige Wetter und nutzte die Zeit für einen Spaziergang am Rhein. Die Jungs gingen beide zum Zirkusworkshop.

Nach dem Mittagessen, das wir alle zusammen mit unseren Kindern einnahmen, ging es in die nächste Workshop-Runde. Ich brainstormte diesmal mit 20 anderen Teilnehmer:innen darüber, wie man Regenbogenfamilien besser im Fernsehen / Netflix / YouTube präsentieren könne. Der Workshop wurde von Luca Renner geleitet, die Mitglied im ZDF-Fernsehrat ist, wo sie die Interessen von LGBTIQ+ vertritt. Ich hatte viel Spass beim Kreieren eines neuen Formats für FUNK. Die Leutchen an den anderen Tischen dachten sich Filme, Serien, Dokus oder Shorts für Kika oder das ganz normale ZDF-Programm aus. Auffällig war, dass in allen Ergebnissen, die wir präsentierten, Superheld:innen vorkamen.



Für weitere Workshops fehlte mir die Energie. Stattdessen gingen Frau O. und ich ein Eis essen und vertrauten darauf, dass unsere Jungs eine supergeile Zeit mit ihren neuen Freunden hatten. Sie spielten gefühlt 24 Stunden Fangen und Verstecken. Eisessen kann man ja auch noch in Düsseldorf.

Im Foyer traf ich immer wieder Menschen, die ich in den Workshops kennengelernt hatte und es ergaben sich spannende Gespräche. Es gab einen Büchertisch, Infostände, kaffeetrinkende Grüppchen und ein omnipräsentes Fernsehteam vom hr, dass munter Interviews führte und Filmchen drehte. Am Abend des Sonntags wurde sogar ein netter Beitrag gesendet, in dem unser Junior durchs Bild hüpfte.

Büchertisch

Beim Abendessen saßen die meisten größeren Kinder alle zusammen an einem Tisch und hatten "the time of their live". Wir Eltern hatten die allerdings auch (psst!), weil wir in Ruhe an unserem eigenen Tisch essen konnten und den Abend mit einem Kaltgetränk und netten Gesprächen ausklingen lassen konnten. Eine klassische Win-Win-Situation.


Flyer

Auch die zweite Nacht was kurz und schwül. Als am Sonntagmorgen alles gapackt war, das Frühstück eingenommen und das Lunchpaket verstaut, trafen sich alle noch einmal zu einer gemeinsamen Runde in der Turnhalle. Kinder wie Erwachsene äußerten ganz viel Lob und Dankbarkeit. Es wurde sehr viel geklatscht und ein bißchen geweint. Die meisten fühlten sich empowert von so viel Regenbogenfamilien-Power. Es wurden Themen für zukünftige Workshops genannt und die baldige Wiederholung einer solchen Veranstaltung gewünscht. 




Deutlich wurde, dass hier eine große, meinungsstarke Gruppe junger Menschen heranwächst, die den Anspruch hat, ernst genommen zu werden. Unsere Kids wollen nicht mehr nur basteln, singen und tanzen, sie wollen auch ihre Situation als Kinder einer Regenbogenfamilie reflektieren:
Sich gegenseitig stärken, lernen, wie man sich wehrt, der Welt erzählen, wie es ihnen geht und was sie von der Gesellschaft erwarten.
Bin schon gespannt, wie, wo und wann wir uns das nächste Mal in diesem Rahmen treffen und die nächsten coolen Themen angehen.

Nach der Feedback-Session ging es dann zur Buga. Dort feierten wir - zusammen mit anderen Familien aus Mannheim und der Region den IFED (International Family Equality Day) auf einer großen Wiese mit Picknick und Clown-Show.
Nach dem Picknick gab es auf der Seebühne noch eine richtig coole Bühnenshow. Herr O. trat mit der Zirkustruppe auf und balancierte auf einem Ball. Der Junior genoß die Show lieber mit seiner neuen Gang und einer Tüte Chips.

Unglaublich schön zu sehen, zu was für tollen Dingen Kinder im Stande sind,
wenn sie sich wohl fühlen.



Leider hat auch die schönste Regenbogenfamilien-Konferenz ein Ende und wir mussten uns beeilen, unseren ICE zurück nach Düsseldorf zu erwischen. 
Schön wars - Danke an all die Regenbogenfamilien, das Orga-Team, die Sponsor:innen und helfenden Hände, die dieses großartige Wochenende möglich gemacht haben.