Einschulung
Heute vor einer Woche war es endlich so weit: Herr O. wurde
eingeschult. Was – sieht man es schwarz auf weiß geschrieben – ziemlich
nüchtern aussieht, ist heutzutage ein Wahnsinnsevent und man muss sich ganz
schön am Riemen reißen um nicht in den Sog der Eventisierung zu gelangen.
Auch hier gibt es nichts, was es nicht gibt: Tischdeko,
Wimpel, Einladungs- und Gratulationskarten, Geschenke, Erinnerungsbücher,
Bücher mit dem Titel „Mein (oder Max‘ oder Conny’s oder Häschens oder …) erster
Schultag, Schokolade in Buchstabenform, die Playmobil-Sonderedition „Schulhaus“
mit Ergänzungszubehör „Turnhalle“. Für kleinere Geschwisterkinder gibt’s die
passende Geschwisterschultüte und die Playmobil-Kita.
Für die Eltern gibt’s einfach jede Menge Stress, das alles
zu organisieren bzw. die Familie und Freunde vor dem Kaufrausch zu bewahren.
Da man aber selber permanent gefragt wird, was man denn zur Einschulung plane oder was man dem Kind denn schenken könne, fällt es schwer, sich aus den Strängen des Kaufwahns zu befreien.
Da man aber selber permanent gefragt wird, was man denn zur Einschulung plane oder was man dem Kind denn schenken könne, fällt es schwer, sich aus den Strängen des Kaufwahns zu befreien.
Die Geschäfte sind ja auch nicht ganz blöd. Da sie wissen,
dass die Eltern in den Wochen vor der Einschulung scharenweise in die Schreibwarenabteilungen
einfallen, um die vorgeschriebenen Artikel für den Schulranzen zu kaufen,
drapieren sie den lustigen aber völlig unnützen Schnick-Schnack unübersehbar
dazwischen. Radierer mit Fussball-Motiven, Brotdosen mit Dinosauriern,
Trinkflaschen mit Feen und Mäppchen mit Einhörnern. Ach so, das war alles schon
auf der Pflicht-Liste? Na dann eben noch Spielsachen, Spielsachen und
Spielsachen.
Die Krönung ist dann die selbstgebastelte Schultüte. (Selbst
= von Mama). Da habe ich gestreikt. Herr O. wählte ganz pragmatisch eine von
amazon mit Fussball-Motiv aus und das Thema war erledigt. Der Junior bekam dann
die gleiche Tüte als Miniversion, und die füllte ich dann beide am Abend vor
der Einschulung mit allerlei süßen Leckereien, ein paar Legofiguren, einer
neuen Fahrradklingel, einer Brotdose für die Schule und einem Brustbeutel.
Da wir schon um 9:00 Uhr zum Einschulungsgottesdienst in der
Kirche sein mußten, blieb am Morgen wenig Zeit für Aufregung. Die Großeltern
gesellten sich zu uns und dem kleinen Herrn O. und der stolze Erstklässler nahm
in den vorderen Reihen Platz im Kreise seiner neuen Klasse, der 1B.
Es wurde viel gesungen (Chor, Pfarrer, Lehrerinnen), ein
bisschen geheult (Eltern) und viel geredet (der Pfarrer, der es sehr gut
meinte). Dann zogen die Erstklässler mit ihren Lehrerinnen aus der Kirche aus
und gingen ohne die Eltern zur Schule, wo sie erst mal eine Stunde „Unterricht“
hatten. Für Eltern, Großeltern, Paten, Geschwister und das ganze andere Gesocks
gab es Kaffee und Kekse auf dem Schulhof. Dargereicht wurden die Leckereien vom
Förderverein, dessen Vorstände nicht davon ablassen konnten, mit Sammelbüchse
und Antragsformularen durch die Reihen zu schreiten.
Nach einer guten Stunde kamen die Erstklässler wieder auf
den Schulhof und zum Abschluss ließen alle Kinder einen Luftballon steigen.
Dann durfte endlich die Schultüte geplündert werden.
Wir spazierten dann langsam zum Italiener und aßen dort im Kreise von vielen weiteren frisch eingeschulten Kindern und ihren Familien Pizza und Pasta.
Wir spazierten dann langsam zum Italiener und aßen dort im Kreise von vielen weiteren frisch eingeschulten Kindern und ihren Familien Pizza und Pasta.
Der Tag muß sich für unseren Großen angefühlt haben, wie für
einen Erwachsenen die eigene Hochzeit. Maximale Aufregung und dann weiss man am
Ende nichts mehr so ganz genau – ausser, dass man irgendwann leicht betrunken
im Bett lag und nicht mehr piep sagen konnte.
Herr O. war selbstverständlich nicht betrunken – wachte aber
mitten in der Nacht bauchschmerzgeplagt auf und verlangte nach einem Notarzt.
Nachwirkungen von zu viel Gummibärchen und Lollies. Zum Glück wirkte die gute
alte Wärmflasche schnell und er konnte am nächsten Morgen gut gelaunt und
schmerzfrei seinen Schulranzen schultern und seinen allerersten richtigen
Schultag erleben. Damit ging der „Ernst“ des Lebens dann so richtig los.
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