Samstag, 15. September 2012

Listen und harte Zeiten

Der ET (= wissenschaftlich berechneter Entbindungstermin) rückt immer näher und die Vorbereitungen sind im vollen Gange. Bei uns zu Hause stapeln sich die Listen:
Eine Packliste für die Kliniktasche, eine Liste mit Fragen an die Hebamme, eine Liste mit Dingen, die wir bevorraten müssen für die harten Zeiten nach der Geburt und eine 'das könnten wir noch kaufen'-Liste. Tja, der Kaufrausch nimmt irgenwie kein Ende und ich befürchte, dass es auch in
den nächsten 20 Jahren nicht viel besser werden wird. Schreibt man all die Dinge auf, die man mindestens anschaffen sollte, dann ist man wieder bei einem so großen Berg von Babyphon bis Wickelunterlage für unterwegs, dass man letztlich doch wieder vor dem Problem steht, nicht zu wissen, was denn nun wirklich wichtig ist. Was brauchen wir direkt nach der Geburt und was können wir in den kommenden Monaten noch kaufen? 


Werden wir dazu dann überhaupt nich Zeit haben? Immerhin kommen ja bald auch die vielbeschworenen "harten Zeiten" auf uns zu.

Nix wird sein wie es einmal war. Das höre ich jetzt fast jeden Tag von liebevoll ratschlagenden Menschen."Geht noch mal ins Kino", "schlaft euch so richtig aus", "mach noch mal  alles, was dir Spass macht", "geniesst die Zeit zu zweit". Vor lauter  Aktionismus bin ich schon ganz erschöpft. Ich geniesse, schlafe und lebe so intensiv wie nie zuvor - ständig angetrieben von der Angst, es könnte das letzte Mal sein. Nachdem ich erst mal angefangen hatte darüber nachzudenken, was ich alles noch schnell vor der Geburt erledigen muss, war ich richtig gestresst. Wie vor einer großen, abenteuerlichen Urlaubsreise in ein fernes Land. Von Wahnvorstellungen geplagt kauft man Sonnencreme, Mückensalbe, Rei in der Tube und Streichhölzer für den Notfall, um dann
am Urlaubsort festzustellen, dass gleich um die Ecke vom Hotel ein riesiger DM ist. 


Die Vorratspackung Klopapier und die Familien(!)packung Nudeln waren zwar gelistet, erfüllen wahrscheinlich aber in jeder Lebenslage ihren Zweck. Ob die grüne Fahrradhose, 4 T-Shirts, eine neue Kindle-Tasche und der neue Rucksack in diese Kategorie gehören, muss noch  genauer erörtert werden. Noch schlimmer ist, dass die Liste mit Dingen, die ich unbedingt haben will nicht grade kürzer wird, je näher der Geburtstermin rückt.
Vielleicht werde ich nie wieder Schuhe kaufen könnnen? Oder Mützen, oder häßliche Halstücher? Ich werde es wohl in spätestens einem Monat wissen, denn dann sollte Monsieur es geschafft haben, seine kleine Wohnung verlassen zu haben.

Da die Zeit bis dahin einfach viel zu langsam vergeht, habe ich vor zwei Wochen beschlossen, meiner Frau in der Anzahl der Arztbesuche Konkurrenz zu machen.
Ich habe meinem Hausarzt ein paar Symptome geschildert und beschäftige ihn nun damit herauszufinden, was das sein könnte. Ich hoffe, er findet die ultimative Lösung gegen meinen viel zu niedrigen Blutdruck und wird der ewigen Friererei ein Ende setzen.
Falls nicht, hab ich wenigstens ein aktuelles Blutbild und ein EKG fürs Familienalbum.
Eine Masseurin mit Hang zur Esoterik hat mich dazu animiert, meine Ohren zu reiben und auf Nelken zu kauen. Die Nelken sollen gut gegen meinen empfindlichen Magen sein und das mit den Ohren hab ich nicht ganz verstanden.
Mein Zahnarzt hat mir drei Plomben gefüllt und seine Kollegin wird diese Woche die Generalreinigung vornehmen.
Gehört jetzt nicht ganz in dieses Genre, aber zum Friseur werde ich auch noch gehen. Als Co-Mutter kann man ja schlecht aussehen wie Lumpi, wenn der Sohn das Licht der Welt erblickt. Summasumarum ein sportliches Programm, das mir die elende Warterei versüßt und meinen nicht mehr ganz so jungen Körper wieder in Schuss bringt. Schliesslich kommen harte Zeiten auf mich zu.

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