Freitag, 31. März 2017

Er ist wieder da

Nach monatelanger Abwesenheit ist er wieder aus der Versenkung aufgetaucht. Ich hatte wirklich schon geglaubt, das Thema sei durch, oder zumindest erst mal für längere Zeit ad Acta gelegt. Unübersehbar hatten sich in der Zwischenzeit die Dinosaurier in unserem Leben breit gemacht. Dinofiguren, Dinobücher, Dino T-Shirts und Dinogeschichten so weit das Auge reichte. Namen wie "Stegosaurus", "Ankylosaurus" und "Brachyosaurus" hielten Einzug in unseren Wortschatz und wurden so alltäglich wie Milch, Brot oder Socken. Doch dann geschah es ganz plötzlich.
"Mama, sind die Dinosaurier jetzt im Himmel? Kommen die auch wieder runter wie der Jesus? Wann kommt der Jesus denn auf die Erde? Können wir noch mal das Buch lesen, wo er gestorben ist?"
Wir haben gar kein Buch, in dem erzählt wird, wie Jesus stirbt. Zu meiner Schande muss ich sogar gestehen, dass wir noch nicht mal eine gedruckte Bibel im Bücherregal stehen haben. Herr O. meinte das Buch mit der Weihnachtsgeschichte. 
Nachdem er das Buch an drei aufeinanderfolgenden Abenden zum Vorlesen ausgewählt hatte, und jedesmal am Ende fragte, wann der Jesus denn nun ans Kreuz genagelt werde, bestellte ich bei Amazon ein neues Buch, das die ganze Lebensgeschichte Jesu kindgerecht erzählt.




Nach dem ersten Blick ins Buch und auch noch nach der ersten Lektüre muss ich ganz ehrlich sagen: Meine Euphorie hält sich in Grenzen. Das Buch ist thematisch wirklich sehr oberflächlich und sprachlich ganz merkwürdig. 
Erzählt wird von Jesu Geburt, seinem ersten Ausflug in den Tempel, das Anwerben der ersten Jünger, ein paar Wunder, letztes Abendmahl, Verrat und Auferstehung. Anselm Grün, den einige evtl. aus Talkshows kennen, versteht es geschickt, das Leiden und Sterben Jesu zu übergehen mit einem einzigen Satz zu erzählen. Bilder dazu findet man gar nicht. Eben noch mit den Jüngern beim Abendessen, und dann schon glorreich auferstanden. Herr O. war sichtlich enttäuscht, dass es keine Bilder von Jesus am Kreuz gab.
Da wunderte es mich dann nicht, dass er prompt fragte, wie Jesus denn nun gestorben sei, und wie genau er denn ans Kreuz gehängt wurde. Ich gab mir größte Mühe, ihm möglichst genau zu beschreiben, wie die Verurteilung und Kreuzigung so von statten gingen. Nicht so leicht, wenn man gleichzeitig will, dass das Kind 10 Minuten später entspannt einschläft und ohne von Blut durchtränkten Albträumen geschüttelt mitten in der Nacht aufwacht.

Die Sprache, mit der das Leben Jesu erzählt wird, ist meiner Meinung nach überhaupt nicht kindgerecht. Viele Worte sind 1:1 aus der Bibel genommen, ohne dass sie erklärt werden. Könnte man nicht "Freunde" statt "Jünger" sagen? Oder einen Begriff wie "Menschenfischer" mit ein oder zwei Sätzen erklären? Was ist ein Hohepriester und was macht ein 12-jähriger in einem Tempel? Ich bin wirklich enttäuscht von diesem Buch.
Nun ja, Herr O. liebt das Buch trotzdem und ich muss es ihm immer wieder vorlesen. Scheinbar ist das Thema Jesus / Gott so faszinierend, dass selbst ein unterdurchschnittliches Buch dieser Faszination nichts anhaben können.








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