Wie ich über Nacht zum Porno-Star wurde
Gestern Abend auf dem Weg zur Kölner Theaternacht.
Ich freue mich auf einen Abend gespickt mit Kultur, ein bisschen Kabarett hier, ein wenig Shakespeare dort, leichtes und schweres dicht beieinander, im Halbstundentakt heben sich die Vorhänge, talentierte Schauspieler bespielen die Bühnen zwischen Ehrenfeld und Mühlheim, Altstadt und Mediapark und wir schaukeln uns mit dem Shuttlebus bequem von einem Highlight zum nächsten.
Eigentlich sieht das Konzept vor, dass man sehen kann was man will, wenn man denn kann. Und man kann nur, wenn man im Besitz eines sogenannten "Startertickets" ist, das einem für die erste Vorstellung einen Platz sichert. Danach regiert das Zufallsprinzip. Weder im Schauspielhaus noch im Senftöpfchen waren noch Plätze frei, so nahmen wir was noch übrig war: "Pornokaraoke".
Ehrenfeld, Theaterhaus Köln, 20:00 Uhr, das Licht ging an. Zwei großgewachsene Damen, von denen eine aussah wie "Bäckchen" aus dem Bodensee Tatort, ließen in ihrer Anmoderation keinen Zweifel daran, dass wir in einem Mitmachstück sassen. Die, die nicht aussah wie Bäckchen kam auch gleich auf uns zugeschritten und hielt der Comtessa das Mikrofon vors Gesicht. Mit Vehemenz machte die Comtessa sofort dem gesamten anwesenden Publikum klar, dass mit ihr an diesem Abend nicht zu rechnen sei. Ich wehrte mich irgendwie weniger erfolgreich und stand eine Minute später auf der Bühne. Bei meinem männlichen Karaoke-Partner durfte ich mich gleich unbeliebt machen, indem ich ihn selber aus zwei mir angepriesenen Männern auswählte. Meine Wahl fiel pragmatisch auf den mit mehr Haaren. "Bäckchen" fragte uns beide nach dem Namen unseres ersten Kuscheltieres und dem Mädchennamen der Mutter. Das Ergebnis dieser völlig sinnfreien Namensmischung war dann unser Pornoname, der mit Tesa-Krepp auf unsere T-Shirt geklebt wurde. Zu blöd, dass mein erster Teddybär Michael hiess. Noch viel dämlicher allerdings, dass ich ihm jetzt den Pornonamen "Michael Bergs" verdanke.
Bäckchen, Michael Bergs, also ich, Ernie Garcia, so hiess mein Porno-Karaoke-Partner mit Haaren auf dem Kopf und die andere Moderatorin genehmigten uns daraufhin erst mal einen Wodka, nahmen in einem bequemen Ohrensessel Platz und schon gings los.
Ernie und ich sassen vor einer Glotze, auf der wir den Film "Fleisch" aus den 20ern mit Untertiteln sahen, während das Publikum "Fleisch" auf der Großleinwand schaute. Dann lasen wir den Text mit verteilten Rollen. Widerliche Szenen spielten sich auf der Matscheibe ab, doch ich war viel zu beschäftigt damit, den Text zu lesen, als dass ich die sich umeinander windenden ekstatischen Fleischklöpse wahrnahm. Der Spuk war schnell vorbei und wir durften in der ersten Reihe Platz nehmen um unsere Konkurrenten aus nächster Nähe zu beäugen. Till und Tina, deren Pornonamen ich schon vergessen habe, was ja eigentlich nicht im Sinne des Erfinders ist, oder?, schlugen sich tapfer. Sie gewannen auch die finale Abstimmung per Klatschomat und gewannen Theaterkarten für ein normales Stück.
Ernie Garcia und ich begegneten uns eine Stunde später wieder. Diesmal im Kölner Künstler Theater wo "Maigers Wirsing" gegeben wurde. Ein Kinderstück, in dem eine dicke Wirsingverkäuferin einen dummen Gehilfen beibringt, Wirsinge wie Luftballons zum Fliegen zu bringen. Nett und vor allem völlig jugendfrei und konsumfreundlich.
Vor Mitternacht schafften wirs so eben noch ins Filmhaus in der Maybachstrasse. Siebziger Jahre Feeling wurde uns versprochen. Das Trüppchen auf der Bühne bat ein in allen Teilen noch stark optimierungswürdiges Trauerspiel. Hätten wir günstiger gesessen, wir wären den Scharen, die gen Ausgang strömenden Enttäuschten gefolgt, aber das liess sich logistisch leider nicht einrichten. Als der silberne Vorhang dann endlich fiel, war es auch für uns der letzte. Obwohl ein klein wenig enttäuscht ob der schwachen Schlussvorstellung war der Abend insgesamt doch sehr gelungen und ich bin jetzt ein Pornostar.
2 Kommentare:
ICH BIN SO STOLZ AUF DICH!!! :-)
die comtessa (in sachen pornos völlig talentfrei)
Ich glaube, wir haben was verpasst... Die Biesenb's
Kommentar veröffentlichen